Milliardär Wyss will autofreie Hodlerstrasse
Der Mäzen knüpft seine Spende für den Kunstmuseum-Neubau an Bedingungen. Für eine teure Verkehrsberuhigung fehlt dem Kanton Bern aber das Geld.
20 Millionen Franken will der Milliardär Hansjörg Wyss für einen Museumsneubau für Gegenwartskunst in Bern lockermachen. Die Spende knüpft der Mäzen jedoch an eine Bedingung: Die Millionen sollen nur fliessen, wenn die am Museum entlangführende Hodlerstrasse künftig von Autos befreit wird. Was bei Insidern offenbar schon länger bekannt war, bestätigte dem «Bund» am Mittwoch der städtische Verkehrsplaner Karl Vogel. Vogel fügt jedoch an, dass «autofrei örtlich und bezogen auf den Wirtschaftsverkehr noch diskutiert wird». Anders gesagt: Die Stadt muss nun für die Hodlerstrasse eine Verkehrslösung präsentieren, die sowohl den Kunstmäzen als auch das Gewerbe zufriedenstellt. Wie die Bedingungen von Wyss im Detail lauten, ist nicht öffentlich bekannt. Wyss war am Mittwoch für eine Stellungnahme nicht erreichbar.
Gimmel macht Tempo
Für Jonathan Gimmel, Präsident der Dachstiftung Kunstmuseum und Zentrum Paul Klee, ist klar: «Die Aufwertung der Hodlerstrasse ist eine Voraussetzung für das Kunstmuseum der Zukunft.» Die Bevölkerung wünsche sich hier eine deutliche Aufwertung bis hin zu verkehrsfrei, «genau wie Hansjörg Wyss», so Gimmel. Die Aufwertung sei auch im Sinne des lokalen Gewerbes: Schliesslich wolle man mit dem Museumsneubau 20 Prozent mehr Besucher anziehen. «Das ist auch für das Gewerbe von Bedeutung», sagt Gimmel. Letztlich sei es aber an der Bevölkerung, «zwischen Verkehrsfläche und breit belebtem urbanen Raum» zu entscheiden.
Bei der Berner Verkehrsdirektion arbeitet man nun unter Hochdruck, um bereits im Herbst verschiedene Varianten präsentieren zu können. Diskutiert wird auch die unterirdische Verlängerung der Ausfahrt des Metro-Parkings, wie die «Berner Zeitung» am Mittwoch berichtete. Heute verlassen die Autos das Parking über eine Rampe an der Ecke des Kunstmuseums – genau dort, wo der künftige Eingang des neuen Museumsbaus einmal stehen soll.
Teure Tunnel-Lösung
Mit einem Tunnel könnten nicht nur die Autos aus dem Parking, sondern auch der Durchgangsverkehr vor der Hodlerstrasse umgeleitet werden. Laut Vogel macht dieser einen Grossteil des Verkehrs auf der Hodlerstrasse aus. Würde die Stadt die Strasse jedoch einfach sperren, würde dies zu mehr Verkehr im Nordquartier und der unteren Altstadt führen – nur ein Tunnel würde dieses Problem lösen. Doch ist dessen Bau und Unterhalt mitten in der Stadt eine teure Angelegenheit.
Beim Kanton ist das nötige Geld angesichts anstehender Investitionen aber knapp. Fachhochschulen und Gefängnisse will er bauen, eine Polizeikaserne in Niederwangen, dazu Strassen im Emmental und im Oberaargau. Im Hinblick auf diese Bauvorhaben würde einem Tunnelbau zwecks autofreier Hodlerstrasse im Grossen Rat derzeit wohl «keine Priorität» eingeräumt, sagt FDP-Grossrat und Finanzkommissionsmitglied Adrian Haas. Ursula Marti, SP-Grossrätin und ebenfalls Mitglied der Finanzkommission, findet die Tunnelidee hingegen «spannend». Entscheidend bei Investitionen sei, ob sie der Öffentlichkeit einen Mehrwert brächten. Ob dies bei einem Tunnel der Fall sei, müsse nun abgeklärt werden. Eine Finanzierung durch den Kanton sei aber sicher etwas «für eine spätere Planung».
SP siehts kritisch
Dass Wyss seine Millionenspende an die Bedingung einer verkehrsberuhigten Hodlerstrasse knüpft, sieht Marti hingegen kritisch: «Die Stadt sollte sich von einem Mäzen nicht zu viel vorschreiben lassen.» Bei Marti weckt die Spende Erinnerungen an den Bau des Zentrums Paul Klee, bei welchem eine Millionenspende zwar den Bau ermöglichte, die Öffentlichkeit aber anschliessend für den Betrieb und Unterhalt tief in die Tasche greifen musste.
Im Gemeinderat will man sich zu den Bedingungen von Wyss nicht konkret äussern: Stadtpräsident Alec von Graffenried (GFL) lässt ausrichten, «dass derzeit die Voraussetzungen geklärt werden, unter welchen das Kunstmuseum Bern anschliessend in ein Wettbewerbsverfahren steigen kann». Es sei dem Gemeinderat in diesem Zusammenhang ein Anliegen, das Kunstmuseum mit der Realisierung eines Erweiterungsbaus auch in Richtung Hodlerstrasse zu öffnen. «Um diese Chance nutzen zu können, muss die Hodlerstrasse aufgewertet und die Aufenthaltsqualität spürbar erhöht werden.»
Zum Artikel (Der Bund, Andres Martin): Milliardär Wyss will autofreie Hodlerstrasse
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