Alles zerfällt
Schweizer Kunst von Böcklin bis Valloton
Sehr geehrte Damen und Herren
Liebe Gäste
Ich freue mich sehr, sie im ausgehenden Jahr zu unserer neuen
Sammlungspräsentation im Kunstmuseum Bern begrüssen zu dürfen.
Ich darf dies tun im Namen der Dachstiftung Kunstmuseum Bern
– Zentrum Paul Klee und in grosser Dankbarkeit für die Unterstützung durch
unsere langjährig verbundenen Sponsoren.
. Dem Staate Bern als Hauptfinanzierer,
. Der Credit Suisse als Hauptsponsorin,
. Pierre Kottelat als Freund des Hauses.
Variantenreich, anspruchsvoll und ausdrucksstark waren unsere
Schwerpunktausstellungen mit Gegenwartskunst in diesem Jahr.
Mit der Jubiläumsausstellung «Freundeswerke» - 100 Jahre
Verein der Freunde Kunstmuseum Bern und nun mit «Alles zerfällt» erhält unsere
hochkarätige Sammlung zum Jahresende einen furiosen Auftritt.
Ich freue mich auch sehr über die Kuration durch Marta
Dziewanksa und Co-Kurator Etienne Wismer.
Alles zerfällt
Was für ein wunderbarer Titel.
In seiner Aussage mit erfrischender Klarheit, in seinem
Anspruch absolut:
Alles zerfällt – nichts bleibt.
Da fühle ich mich als Präsident das Dachstiftung nicht nur
angesprochen, sondern gar gefordert.
Ist es nicht gerade unser aller und meine
Aufgabe, zu erhalten, pflegen, hegen, aufzubereiten, zu führen, fördern, vermitteln
und zu erneuern? Auf das gerade nichts zerfalle und alles bleibe.
Nun – viele von Ihnen wissen es. Zerfall oder eher die
Vorbeugung vor dem Zerfall hat uns in letzten Monaten auch im Kunstmuseum Bern,
im Atelier-5-Erweiterunbsbau beschäftigt: Noch vor wenigen Wochen wurden
Stahlkreuze in die Wände eingearbeitet und die Decken statisch aufgewertet.
Somit dürfen wir unseren Gästen und die die anvertrauten
Kunstwerke auch weiterhin beste Erdbebensicherheit bieten.
Zugegebenermassen
aber nur auf Zeit. Zeit die wir nutzen wollen, um das Kunstmuseum Bern der
Zukunft zu planen, zu entwickeln und dann einzuweihen.
Zu diesem Zeitpunkt dann wird Zerfall gewollt sein. Nicht im
Sinne von «alles zerfällt», sondern als gezielte Metamorphose für das
Kunsterlebnis in Bern.
Alles zerfällt
Aktueller denn je.
Wir leben zu Beginn des digitalen Zeitalters. Nie hatten wir
Menschen mehr Ressourcen und Möglichkeiten die Welt nach unseren Wünschen zu
gestalten. Nahezu gottgleich – wie Hisotriker Harari unter dem Titel «homo
deus» hierzu schreibt.
Und trotzdem: Je globaler, vernetzter und digital
aufgeklärter die Welt ist, stellt sie für die Lebensrealität vieler Menschen
eine Bedrohung der eigenen Werte dar.
«Alles zerfällt» in der eigenen Wahrnehmungen, wenn
Erwartungen, Träume und Hoffnungen durch eine neue Lebensrealität abgelöst
werden.
Und der Mensch weiss sich zu helfen: Aber statt auf
Gemeinsamkeiten zu bauen und die Herausforderungen der Welt gerecht zu lösen,
machen sich autoritäre Regimes breit und bringen die Demokratie - selbst in
führenden Nationen - in Bedrängnis.
Umso wichtiger scheint mir in der heutigen Zeit des globalen
Wandels, die Leistung der Kunst in allen Dimensionen neu zu entdecken: sei es
für den Wertedialog zwischen den Gernationen, für Innovationen zur Erneuerung
der Gesellschaft oder auch nur für den Erhalt von Traditionen.
Das Alleinstellungsmerkmal der Kunst ist dies, was hier und jetzt stattfindet: Sie
bringt Menschen zusammen, um uns den zentralen Fragen der Welt gemeinsam anzunehmen.
Alles zerfällt - Alles beginnt.
Herzlichen Dank