Kunstmuseum soll Aufwand nicht anderen überlassen
Nächste Woche entscheidet das Kunstmuseum, ob es das Gurlitt-Erbe antritt. Der renommierte Kunstrechtsexperte Andrea Raschèr kritisiert die Kommunikationspolitik des Kunstmuseums Bern.
Herr Raschèr, empfehlen Sie dem Kunstmuseum Bern, das Gurlitt-Erbe anzunehmen? Andrea F.G.Raschèr: Empfehlungen erhält das Museum derzeit genug. Ich will mich auch nicht an den Spekulationen und an der emotionsgeladenen Polemik beteiligen...
Sondern? Die Sache nüchtern analysieren. Wichtig ist, dass
wir die Fakten festhalten: Die Sammlung Gurlitt umfasst rund 1600 Gemälde,
Zeichnungen und Grafiken – der Grossteil liegt in Bayern, der kleinere Teil in
Salzburg. Fakt ist auch, dass die Sammlung Teile von Raubkunst und sogenannter
«entarteter Kunst» enthält. Die Sammlung stammt von Hildebrand Gurlitt, der zu
den wichtigsten Kunsthändlern des Dritten Reichs gehörte. Als Schlüsselfigur in
Kunstfragen wusste er genau um die kriminellen Umstände der Herkunft mancher
Werke. Vater wie Sohn Gurlitt profitierten direkt von den Raubzügen der Nazis.
Was folgt daraus?
Für die Institution stellt sich zwangsläufig die
Frage: Soll ein Schweizer Museum, das zu einem grossen Teil von der
öffentlichen Hand finanziert wird, die Sammlung eines der wichtigsten
Kunsthändler des Naziregimes in sein Haus aufnehmen? Eine Frage der Haltung.
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Wer entscheidet über das Gurlitt-Erbe? Rund eine Woche vor dem Gurlitt-Entscheid, angekündigt für den 26.November 2014, laufen die Verhandlungen mit den deutschen Behörden noch immer auf Hochtouren. Selbst das genaue Datum und der Ort der Kommunikation bleiben in der Schwebe.
Der Gurlitt-Entscheid
liegt in den Händen des 13-köpfigen Stiftungsrats, präsidiert von Christoph
Schäublin. Der Kanton als alleiniger Subventionsgeber ist formal mit drei
Personen vertreten. Neben Schäublin sind dies der Anwalt und Notar Dieter
Baumann sowie Birgitt Borkopp-Restle, Direktorin des Instituts für
Kunstgeschichte der Uni Bern. Für die Stadt sitzen Kultursekretärin Veronica
Schaller und Stadtschreiber Jürg Wichtermann im Gremium. Auch die Burgergemeinde
ist vertreten – mit Michael Stämpfli und Daniel Wirz. Vizepräsident ist
Jonathan Gimmel, Ex-Gemeinderat von Worb und Vertreter der Regionalen
Kulturkonferenz. Im Weitern sitzen Holger Hoffmann (Bernische
Kunstgesellschaft), Sabine Hahnloser Tschopp (Freunde Kunstmuseum), Jobst
Wagner (Stiftung Kunsthalle), Babette Berger (Berufsverband Visarte) und Peter
Keller als Präsident der Finanzkommission im Gremium, Letzterer ohne
Stimmrecht. Der Rat entscheidet mit dem einfachen Mehr der Anwesenden. Bei
Stimmengleichheit fällt Präsident Schäublin den Stichentscheid.